Wie köstlich und erquickend ist doch ein Sommertag in Kleinrußland! Wie schmachtend heiß sind jene Stunden, da der Mittag in Stille und Glut erstrahlt, der unermeßliche blaue Ozean wie eine Kuppel der Wollust über der Erde hängt und wie ein Schlafender, ganz versunken in Wonne, seine luftigen Arme um die Schöne schlingt! Keine Wolke steht am Himmel, kein Laut ist im Felde zu hören. Alles liegt da wie tot; nur oben in der Tiefe des Himmels schwirrt eine Lerche, silberne Lieder fliegen die luftigen Stufen herab zur verliebten Erde, und ab und zu hallt der Schrei einer Möve oder der gellende Ruf einer Wachtel durch die Steppe. Träg und allen Denkens bar, wie Lustwandelnde ohne Ziel, stehen bis zu den Wolken ragend die Eichen, und die blendende Glut der Sonnenstrahlen entzündet ganze Haufen von Laub, die malerisch daliegen, während sie andere in nachtschwarze Schatten hüllt, die nur bei starkem Winde wie Gold aufleuchten. Smaragde, Topase und Saphire ätherischer Insekten regnen auf die bunten Farben der Gärten herab, die von steilen Sonnenblumen geschirmt werden. Graue Heuschober und goldene Garben malen ein Kriegslager auf das Feld und wandern weit hinaus über den unermeßlichen Raum. Breite Zweige, die unter der Schwere der Früchte herabsinken, Kirschbäume, Pflaumen, Äpfel, Birnenbäume; der klare Himmel und sein heller Spiegel, der Fluß in grünem, stolz erhöhten Rahmen ... wie voll Wonne und Lust ist doch der kleinrussische Sommer!
In solcher Pracht erglänzte einer der heißen Augusttage des Jahres achtzehnhundert ... achtzehnhundert ... es werden wohl etwa dreißig Jahre her sein, - da die Straße schon zehn Werst vorm Städtchen Sorotschintzy ganz schwarz von wimmelndem Volke war, das von allen nahen und fernen Vorwerken der Umgebung auf den Jahrmarkt eilte. Seit dem frühen Morgen zog sich eine endlose Reihe Wagen mit Salz und Fisch dahin. Ganze Berge von Töpfen, die in Stroh gewickelt waren, schwankten langsam hin und her und schienen sich höchlich zu langweilen über das Dunkel ihrer Verkerkerung; nur stellenweise guckte eine buntbemalte Schüssel oder ein tönerner Mörser prahlerisch unter dem hoch überm Wagen aufgespannten Schutznetz hervor und lenkte die entzückten Blicke aller Verehrer von Prunk und Luxus auf sich. Viele von den Vorübergehenden blickten neidisch auf den hochgewachsenen Töpfer, den Besitzer dieser Kostbarkeiten, der langsamen Schrittes hinter seiner Ware einherging, und seine tönernen Gecken und Koketten sorgfältig in das ihnen so verhaßte Stroh einwickelte.
Ein einsamer Wagen schleppte sich abseits hinter müden Ochsen einher. Er war mit Säcken, Hanf, Flachs und allerhand Häuslichkeit beladen, und hinter ihm trollte sich der Besitzer in reinem Leinwandhemd und schmutzigen Hosen einher. Mit träger Hand wischte er den herabrieselnden Schweiß vom braunen Gesicht und dem langen Schnurrbart, der von jenem unerbittlichen Barbier gepudert war, der ebenso ungerufen, zum schönsten Mädchen wie zum Krüppel kommt und seit Tausenden von Jahren das ganze menschliche Geschlecht wider seinen Willen mit Puder bestreut. An der Seite des Mannes trottete eine an den Wagen gebundene Stute, deren demütiges Äußere ihr hohes Alter bezeugte. Viele Fußgänger, besonders die jungen Burschen, griffen an ihre Mütze, wenn sie den Bauer einholten. Allein es war weder sein Schnurrbart, noch sein stolzer Gang, was sie zu diesem Gruße veranlaßte; man brauchte nur die Augen etwas zu heben, um den Grund dieser Hochachtung wahrzunehmen: Oben auf dem Wagen saß sein hübsches Töchterlein mit rundem Gesichtchen, schwarzen Augenbrauen, die sich wie steil geschwungene Bögen über den hellgrauen Augen abzeichneten, und sorglos lächelnden rosigen Lippchen; sie hatte den Kopf mit roten und blauen Bändern umwunden, die zusammen mit den langen Zöpfen und einem Strauß aus Feldblumen wie eine prächtige Krone auf ihrem entzückenden Köpfchen ruhten. Alles schien sie zu locken; alles war ihr so seltsam neu ... Und die hübschen Äuglein sprangen unablässig von einem Ding zum anderen hinüber. Wie sollten sie auch nicht! War sie doch zum ersten Male auf dem Jahrmarkt! Ein Mädchen von achtzehn Jahren und das erstemal auf dem Jahrmarkt! ... Aber keiner der Vorbeiziehenden und Vorüberwandernden konnte wissen, wieviel Mühe es sie gekostet hatte, ihren Vater zu erweichen, der es ja von Herzen gern getan hätte, wäre nicht die böse Stiefmutter dagewesen. Die verstand's nämlich, ihn ebenso geschickt zu lenken, wie er seine alte Stute, die er jetzt am Zügel hielt und nach langem Dienste zum Verkauf mit sich führte. Diese ruhelose Ehegattin ... Aber wir haben ganz vergessen, daß sie ja auch da oben auf dem Wagen dasaß in einer schmucken, grünen Wolljacke, auf die, wie beim Hermelin, kleine Schwänzchen aufgenäht waren; allerdings waren es nur solche von roter Farbe. Das reiche Tuch sah fast so bunt aus wie ein Schachbrett, und das bunte baumwollene Häubchen verlieh ihrem hübschen runden Gesicht eine ganz besondere Würde. Aber ihre Züge hatten etwas so Unangenehmes und Wüstes an sich, daß jeder sich sofort beeilte, seinen erschreckten Blick dem heiteren Gesichtchen der Tochter zuzuwenden.
Doch jetzt leuchtete vor den Augen unserer Reisenden bereits der Psjoll-Fluß auf; schon wehte aus der Ferne eine frische Kühle herüber, die nach der ermattenden, zehrenden Hitze um so deutlicher spürbar war. Durch das Dunkel und Hellgrün des Laubs schwarzer und schlanker Pappeln und Birken, die hie und da auf der Wiese verstreut waren, leuchteten feurige in schattige Kühle gehüllte Funken auf, und der Strom entblößte blitzend, wie ein schönes Weib, seine silberne Brust, auf die die dichten grünen Locken der Bäume üppig herabsanken.
In jenen köstlichen Stunden, wo der treue und beneidenswerte Spiegel den stolzen und blendenden Glanz von des Flusses Stirn, seine lilienweißen Schultern und seinen Marmorhals, der von einer dunkel vom blonden Haupte fallenden Flut überschattet ist, in sich aufnimmt, wo der Strom verächtlich den einen Schmuck von sich streift, um ihn durch einen anderen zu ersetzen, und seine Launen kein Ende finden wollen, - in diesen Stunden wechselt er mutwillig, wie er ist, fast jedes Jahr seine Umgebung, wählt sich einen neuen Weg und umgibt sich mit neuen, mannigfaltigen Landschaften. Die langen Reihen der Mühlen hoben die breiten Wellen auf ihre schweren Räder und warfen sie mächtig zurück, zerstäubten sie, ließen sie über die ganze Umgebung herabsprühen und erfüllten ringsherum alles mit Lärm. Um diese Zeit fuhr der Wagen mit den uns schon bekannten Passagieren über die Brücke, und nun streckte sich vor ihnen der Strom in seiner ganzen Pracht und Schönheit hin, wie eine riesige Fläche von Glas. Der Himmel, die grünen und blauen Wälder, die Menschen, die Wagen mit den Töpfen, die Mühlen - alles schien umgestürzt, zog vorüber und stand auf dem Kopfe, ohne doch in den schönen, blauen Abgrund herabzufallen. Das schöne Mädchen wurde bei der Herrlichkeit der Aussicht ganz nachdenklich und vergaß sogar, an ihren Sonnenblumenkernen zu knabbern, was sie während des ganzen Weges getan hatte, als ihr auf einmal die Worte: Ei was für ein Mädel! ans Ohr drangen. Sie schaute sich um und sah auf der Brücke einen Haufen Burschen stehen, deren einer etwas feiner gekleidet war als die anderen; er hatte eine weiße Bluse an und eine graue Lammfellmütze auf dem Kopf, stützte die Hände auf die Hüften und sah sich keck die Vorüberfahrenden an. Die Schöne konnte ihn unmöglich nicht bemerken, ihr Blick streifte sein braungebranntes, doch angenehmes Gesicht und seine feurigen Augen, die sie gleichsam durchbohren wollten, aber sie senkte ihn wieder bei dem Gedanken, das Wort, das sie vernommen hatte, sei von ihm gekommen. Ein prächtiges Mädel! fuhr der Bursch in der weißen Bluse fort, ohne seine Augen von ihr abzuwenden. Ich würde mein ganzes Hab und Gut darum geben, wenn ich sie einmal küssen könnte. Aber da vorne sitzt der Teufel! Von allen Seiten erhob sich Gelächter, allein der geputzten Gefährtin des langsam voranschreitenden Gemahls war diese Begrüßung doch zu stark: ihre roten Backen wandelten sich in lauter Feuer, und eine Salve ausgesuchter Flüche regnete auf den Kopf des ausgelassenen Jungen herab.
In solcher Pracht erglänzte einer der heißen Augusttage des Jahres achtzehnhundert ... achtzehnhundert ... es werden wohl etwa dreißig Jahre her sein, - da die Straße schon zehn Werst vorm Städtchen Sorotschintzy ganz schwarz von wimmelndem Volke war, das von allen nahen und fernen Vorwerken der Umgebung auf den Jahrmarkt eilte. Seit dem frühen Morgen zog sich eine endlose Reihe Wagen mit Salz und Fisch dahin. Ganze Berge von Töpfen, die in Stroh gewickelt waren, schwankten langsam hin und her und schienen sich höchlich zu langweilen über das Dunkel ihrer Verkerkerung; nur stellenweise guckte eine buntbemalte Schüssel oder ein tönerner Mörser prahlerisch unter dem hoch überm Wagen aufgespannten Schutznetz hervor und lenkte die entzückten Blicke aller Verehrer von Prunk und Luxus auf sich. Viele von den Vorübergehenden blickten neidisch auf den hochgewachsenen Töpfer, den Besitzer dieser Kostbarkeiten, der langsamen Schrittes hinter seiner Ware einherging, und seine tönernen Gecken und Koketten sorgfältig in das ihnen so verhaßte Stroh einwickelte.
Ein einsamer Wagen schleppte sich abseits hinter müden Ochsen einher. Er war mit Säcken, Hanf, Flachs und allerhand Häuslichkeit beladen, und hinter ihm trollte sich der Besitzer in reinem Leinwandhemd und schmutzigen Hosen einher. Mit träger Hand wischte er den herabrieselnden Schweiß vom braunen Gesicht und dem langen Schnurrbart, der von jenem unerbittlichen Barbier gepudert war, der ebenso ungerufen, zum schönsten Mädchen wie zum Krüppel kommt und seit Tausenden von Jahren das ganze menschliche Geschlecht wider seinen Willen mit Puder bestreut. An der Seite des Mannes trottete eine an den Wagen gebundene Stute, deren demütiges Äußere ihr hohes Alter bezeugte. Viele Fußgänger, besonders die jungen Burschen, griffen an ihre Mütze, wenn sie den Bauer einholten. Allein es war weder sein Schnurrbart, noch sein stolzer Gang, was sie zu diesem Gruße veranlaßte; man brauchte nur die Augen etwas zu heben, um den Grund dieser Hochachtung wahrzunehmen: Oben auf dem Wagen saß sein hübsches Töchterlein mit rundem Gesichtchen, schwarzen Augenbrauen, die sich wie steil geschwungene Bögen über den hellgrauen Augen abzeichneten, und sorglos lächelnden rosigen Lippchen; sie hatte den Kopf mit roten und blauen Bändern umwunden, die zusammen mit den langen Zöpfen und einem Strauß aus Feldblumen wie eine prächtige Krone auf ihrem entzückenden Köpfchen ruhten. Alles schien sie zu locken; alles war ihr so seltsam neu ... Und die hübschen Äuglein sprangen unablässig von einem Ding zum anderen hinüber. Wie sollten sie auch nicht! War sie doch zum ersten Male auf dem Jahrmarkt! Ein Mädchen von achtzehn Jahren und das erstemal auf dem Jahrmarkt! ... Aber keiner der Vorbeiziehenden und Vorüberwandernden konnte wissen, wieviel Mühe es sie gekostet hatte, ihren Vater zu erweichen, der es ja von Herzen gern getan hätte, wäre nicht die böse Stiefmutter dagewesen. Die verstand's nämlich, ihn ebenso geschickt zu lenken, wie er seine alte Stute, die er jetzt am Zügel hielt und nach langem Dienste zum Verkauf mit sich führte. Diese ruhelose Ehegattin ... Aber wir haben ganz vergessen, daß sie ja auch da oben auf dem Wagen dasaß in einer schmucken, grünen Wolljacke, auf die, wie beim Hermelin, kleine Schwänzchen aufgenäht waren; allerdings waren es nur solche von roter Farbe. Das reiche Tuch sah fast so bunt aus wie ein Schachbrett, und das bunte baumwollene Häubchen verlieh ihrem hübschen runden Gesicht eine ganz besondere Würde. Aber ihre Züge hatten etwas so Unangenehmes und Wüstes an sich, daß jeder sich sofort beeilte, seinen erschreckten Blick dem heiteren Gesichtchen der Tochter zuzuwenden.
Doch jetzt leuchtete vor den Augen unserer Reisenden bereits der Psjoll-Fluß auf; schon wehte aus der Ferne eine frische Kühle herüber, die nach der ermattenden, zehrenden Hitze um so deutlicher spürbar war. Durch das Dunkel und Hellgrün des Laubs schwarzer und schlanker Pappeln und Birken, die hie und da auf der Wiese verstreut waren, leuchteten feurige in schattige Kühle gehüllte Funken auf, und der Strom entblößte blitzend, wie ein schönes Weib, seine silberne Brust, auf die die dichten grünen Locken der Bäume üppig herabsanken.
In jenen köstlichen Stunden, wo der treue und beneidenswerte Spiegel den stolzen und blendenden Glanz von des Flusses Stirn, seine lilienweißen Schultern und seinen Marmorhals, der von einer dunkel vom blonden Haupte fallenden Flut überschattet ist, in sich aufnimmt, wo der Strom verächtlich den einen Schmuck von sich streift, um ihn durch einen anderen zu ersetzen, und seine Launen kein Ende finden wollen, - in diesen Stunden wechselt er mutwillig, wie er ist, fast jedes Jahr seine Umgebung, wählt sich einen neuen Weg und umgibt sich mit neuen, mannigfaltigen Landschaften. Die langen Reihen der Mühlen hoben die breiten Wellen auf ihre schweren Räder und warfen sie mächtig zurück, zerstäubten sie, ließen sie über die ganze Umgebung herabsprühen und erfüllten ringsherum alles mit Lärm. Um diese Zeit fuhr der Wagen mit den uns schon bekannten Passagieren über die Brücke, und nun streckte sich vor ihnen der Strom in seiner ganzen Pracht und Schönheit hin, wie eine riesige Fläche von Glas. Der Himmel, die grünen und blauen Wälder, die Menschen, die Wagen mit den Töpfen, die Mühlen - alles schien umgestürzt, zog vorüber und stand auf dem Kopfe, ohne doch in den schönen, blauen Abgrund herabzufallen. Das schöne Mädchen wurde bei der Herrlichkeit der Aussicht ganz nachdenklich und vergaß sogar, an ihren Sonnenblumenkernen zu knabbern, was sie während des ganzen Weges getan hatte, als ihr auf einmal die Worte: Ei was für ein Mädel! ans Ohr drangen. Sie schaute sich um und sah auf der Brücke einen Haufen Burschen stehen, deren einer etwas feiner gekleidet war als die anderen; er hatte eine weiße Bluse an und eine graue Lammfellmütze auf dem Kopf, stützte die Hände auf die Hüften und sah sich keck die Vorüberfahrenden an. Die Schöne konnte ihn unmöglich nicht bemerken, ihr Blick streifte sein braungebranntes, doch angenehmes Gesicht und seine feurigen Augen, die sie gleichsam durchbohren wollten, aber sie senkte ihn wieder bei dem Gedanken, das Wort, das sie vernommen hatte, sei von ihm gekommen. Ein prächtiges Mädel! fuhr der Bursch in der weißen Bluse fort, ohne seine Augen von ihr abzuwenden. Ich würde mein ganzes Hab und Gut darum geben, wenn ich sie einmal küssen könnte. Aber da vorne sitzt der Teufel! Von allen Seiten erhob sich Gelächter, allein der geputzten Gefährtin des langsam voranschreitenden Gemahls war diese Begrüßung doch zu stark: ihre roten Backen wandelten sich in lauter Feuer, und eine Salve ausgesuchter Flüche regnete auf den Kopf des ausgelassenen Jungen herab.