Text - "Anna Karenina" Leo Tolstoy

chließen und anfangen zu tippen
Er stand auf du und du mit jedermann, mit dem er Champagner getrunken hatte, und er trank mit Allen Champagner; aus diesem Grunde aber verstand er auch, wenn er in Gegenwart seiner Untergebenen ihn herabwürdigende "Duzfreunde" traf, wie er viele seiner Freunde nannte, infolge des ihm eigenen Taktgefühls den unangenehmen Eindruck den dies auf die untergebenen Beamten machte, herabzustimmen. Lewin war nicht einer von denen, die durch das Duzen ihn erniedrigten, aber Oblonskiy in seinem Takte empfand, Lewin werde innerlich nicht wünschen können, daß er die beiderseitige Intimität so zum Ausdruck bringe, und deshalb beeilte er sich, ihn in das Kabinett zu führen.

Lewin war fast im nämlichen Alter mit Oblonskiy und er stand auf dem Duzfuße mit diesem nicht nur infolge des Champagnertrinkens. Lewin war Oblonskiys Kamerad und Freund von frühester Jugend auf; beide liebten einander ungeachtet der Verschiedenheit ihrer Charaktere und Geschmacksrichtung, wie sich eben nur Freunde lieben können, die von erster Jugend auf miteinander zusammen gewesen sind.

Aber nichtsdestoweniger, wie oft kommt es nicht unter den Menschen vor, daß wenn Zwei sich verschiedene Wirkungskreise erkoren haben, jeder von ihnen, wenn er auch die Thätigkeit des andern beurteilen kann und gutheißt, sie gleichwohl auf dem Grund seiner Seele verachtet. Jedem schien es, als wenn das Leben, welches er führe, allein ein wirkliches Leben sei, und daß das, welches der andere führe, nur eine Selbstüberschätzung sei. Oblonskiy konnte sich eines leichten, ironischen Lächelns beim Erblicken Lewins nicht erwehren. Es war dies stets der Fall, wenn er Lewin von dessen Dorfe nach Moskau kommen sah, denn was dieser eigentlich auf dem Dorfe trieb, das vermochte Stefan Arkadjewitsch niemals vollständig zu verstehen - es interessierte ihn aber auch herzlich wenig.